Linux in Unternehmen

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Warum Linux nicht nur eine Technikfrage ist

Wer sich mit Linux beschäftigt, stellt sich schnell eine Frage: Wenn es leistungsfähige Office-Pakete, E-Mail- und Kalenderlösungen sowie europäische Cloud-Angebote gibt – warum setzen dann nicht viel mehr Unternehmen auf Linux?

Die kurze Antwort: Nicht, weil Linux technisch „zu schwach“ wäre, sondern weil in Firmen ganz andere Faktoren entscheiden: Abhängigkeiten, Prozesse, Gewohnheiten und Risiken.

Digitale Souveränität statt blinder Abhängigkeit

Viele Arbeitsplätze hängen heute an wenigen großen Anbietern – meist aus den USA. Betriebssystem, Office, E-Mail, Cloud, Kollaboration, Telefonie: oft alles aus einem Ökosystem. Das ist bequem – aber auch ein Risiko:

  • Lizenzmodell, Preise, Funktionsumfang oder Cloud-Zwang können sich jederzeit ändern.
  • Daten liegen häufig außerhalb Europas und lassen sich nur begrenzt kontrollieren.
  • Eigene Prozesse und Arbeitsabläufe werden an ein bestimmtes Produkt angepasst – und sind damit schwer migrierbar.

Linux und Open Source bieten hier einen Ausweg:

Sie schaffen Spielraum bei der Wahl der Anbieter und ermöglichen Infrastrukturen, die nicht an einen einzelnen Hersteller gebunden sind. Es geht nicht darum, „gegen“ jemanden zu sein, sondern darum, die eigene Handlungsfreiheit wieder zu vergrößern.

Wo Unternehmen heute noch zögern

Trotzdem bleiben die meisten Firmen beim gewohnten Windows-Desktop. Die Gründe sind meist sehr nüchtern:

  1. Fachanwendungen und Branchensoftware

    Buchhaltung, Steuern, Warenwirtschaft, Praxis- oder Kanzleisoftware, CAD, spezielle Mess- oder Steuerprogramme – vieles davon ist ausschließlich für Windows verfügbar oder nur dort offiziell unterstützt.

    Solange die entscheidende Fachsoftware Windows voraussetzt, bleibt Windows oft gesetzt.

  2. Bestehende Infrastruktur und Dienstleister

    Viele Umgebungen sind rund um Microsoft-Technologien aufgebaut: Active Directory, Gruppenrichtlinien, Microsoft 365, Exchange, Teams, Intune usw. Systemhäuser und Admin-Teams sind darauf spezialisiert. Ein Wechsel bedeutet nicht nur ein neues Betriebssystem, sondern das komplette Client-Management neu zu denken.

  3. Wirtschaftliche Betrachtung

    Linux-Lizenzen kosten nichts – Migrationsprojekte dagegen schon. Geschäftsführungen sehen dann:

    • Projektaufwand,
    • Schulungsbedarf,
    • mögliche Störungen im laufenden Betrieb

    und entscheiden sich häufig für den „bekannten“ Weg.

  4. Psychologie und Verantwortung

    Niemand wird kritisiert, weil er auf „den Standard“ setzt. Wenn ein mutiger Schritt hin zu Linux Probleme macht, ist die Verantwortliche oder der Verantwortliche schnell im Fokus. Diese Asymmetrie bremst Veränderungen – selbst dann, wenn sie langfristig sinnvoll wären.

Ein realistischer Weg zu mehr Unabhängigkeit

Der Ausweg besteht selten darin, „von heute auf morgen auf Linux umzusteigen“. Erfolgreicher sind schrittweise Strategien, die Alternativen eröffnen, ohne den Betrieb zu gefährden:

  1. Offene Standards einführen

    Dokumente, Daten und Schnittstellen so wählen, dass sie nicht an ein einzelnes Produkt gebunden sind (z. B. offene Dateiformate, Standardprotokolle).

  2. Open-Source-Server und -Dienste etablieren

    E-Mail, Kalender, Dateiablagen, Kollaboration, interne Wikis oder Chat-Systeme können oft schon heute auf Linux-Servern laufen – unabhängig davon, welches Betriebssystem auf den Clients genutzt wird.

  3. Webfähige Anwendungen bevorzugen

    Neue Fachanwendungen möglichst so wählen, dass sie über den Browser nutzbar sind. Damit wird der Desktop (Windows, Linux, macOS) austauschbarer.

  4. Pilotprojekte mit Linux-Desktops

    Dort, wo es fachlich passt (z. B. Entwicklung, Schulungsräume, bestimmte Sachbearbeiter-Arbeitsplätze), können Linux-Clients getestet und eingeführt werden – gut begleitet und ohne Zwang.

  5. Langfristige Strategie statt Einmalaktion

    Entscheidend ist nicht der große „Stichtag“, sondern ein klarer Plan: Wo können wir uns in den nächsten Jahren schrittweise unabhängiger machen? Linux ist dabei ein wichtiger Baustein – aber eben Teil eines größeren Bildes.

Was Windows2Linux dazu beitragen möchte

Windows2Linux versteht sich nicht nur als Sammlung von Tipps für den Wechsel von Windows zu Linux, sondern auch als Hilfe zur Einordnung:

  • Welche Abhängigkeiten bestehen heute – und welche Alternativen gibt es?
  • Wie können Firmen Open Source nutzen, ohne ihre Mitarbeitenden zu überfordern?
  • Welche Migrationspfade sind realistisch – technisch, organisatorisch und wirtschaftlich?

Unser Ziel ist nicht, Windows von heute auf morgen zu „verbannen“, sondern bewusste Entscheidungen zu ermöglichen:

  • Wo lohnt sich Linux schon jetzt?
  • Wo kann der Einsatz offener Standards heute die Weichen für morgen stellen?
  • Wie können Unternehmen digitale Souveränität aufbauen – Schritt für Schritt?

Wer diese Fragen stellt, ist dem Ziel bereits näher: Nicht mehr von wenigen marktbeherrschenden Anbietern abhängig zu sein, sondern die eigene IT wieder als gestaltbare, souveräne Infrastruktur zu begreifen.